Um 17 Uhr bringt die ikonische Titlis Rotair die letzten Gäste des Tages vom Gipfel hinunter nach Stand. Was viele nicht wissen: für einen Teil der Mitarbeitenden am Titlis geht die Arbeit jetzt erst los. Ab 17 Uhr steht die Titlis Rotair dem Logistik-Team zur Verfügung. Statt Skifahrerinnen und Selfiejäger transportiert sie jetzt Kies, Zement und Stahlträger. Und das die ganze Nacht hindurch.
Gegründet wurde das Logistik-Team 2023, mit Beginn des Bauprojekts auf dem Gipfel, in dessen Rahmen bis 2029 Weltklasse-Architektur von Herzog & de Meuron entstehen wird. «Wir haben bei null angefangen, wie ein Startup-Unternehmen», erinnert sich Teamleiter Christoph Respond. «Wir mussten alles zuerst aufbauen, das war sehr interessant.» In kürzester Zeit wurde ein Team aus 30 Mitarbeitenden rekrutiert, die fortan für den sicheren und punktgenauen Materialtransport am Berg verantwortlich zeichneten. Eine organisatorische Meisterleistung.
Mit den am Bauprojekt beteiligten Unternehmen ist vereinbart, dass die Titlis Bergbahnen die Verantwortung für den Transport und die Verteilung des Materials tragen. Das bedeutet auch: Wenn das Kies, die Armierungseisen oder Baugeräte nicht rechtzeitig vor Ort sind, stehen die Baustellen still. Das führt zu Verzögerungen und wird schnell teuer. Deshalb arbeiten die Mitarbeitenden des Logistik-Teams im Sommer rund um die Uhr, im 3-Schicht-Betrieb, von Montagmorgen bis Samstagmorgen. «Die Grenzen setzt uns eigentlich nur das Wetter», sagt Crewleiter Reinhard Huwiler. «Die Natur entscheidet, wie weit wir kommen und was wir erledigen können.»
Angeliefert wird das Material auf Lastwagen, die bis auf die Gerschnialp auf 1300 Metern über Meer hochfahren können. Ab dort erfolgt der Materialtransport per Luftseilbahn, entweder direkt in der Kabine oder angehängt als Unterlast. Bis Stand kann parallel zum Gästebetrieb transportiert werden, vom Stand hoch zum Gipfel geht es erst ab 17 Uhr. «Pro Nacht transportieren wir im Schnitt zwischen 90 und 140 Tonnen Material auf den Titlis», sagt Christoph Respond. Umgekehrt bringen die Logistik-Mitarbeitenden Abbruchmaterial von den Baustellen ins Tal, etwa Stahlelemente vom Fernmeldeturm oder Bauschutt vom Rückbau der alten Gipfelinfrastruktur. Bis 2029 werden mehr als 150'000 Tonnen Kies, Stahl, Glas und weiteres Material am Berg hoch- und runtergeführt.
Obwohl die Arbeit des Logistik-Teams anspruchsvoll und körperlich anstrengend ist und unter strengen Sicherheitsvorkehrungen stattfindet, bietet sie auch viele schöne Seiten. So schwärmen die Teammitglieder von der Arbeit in der Natur und von den unglaublichen Stimmungen, die man nur in den Morgen- und Abendstunden mitkriege. Hinzu komme die aufgabenbedingte Abwechslung im Alltag. «Wir wechseln jeden Tag unseren Arbeitsort», sagt der Logistiker Sayed Jawad Hashmi, der aus Afghanistan stammt, wo er Bauingenieurwissenschaften studiert hat. «Das ist sehr interessant. Ich lerne jeden Tag etwas Neues.»