Weisse Weihnachten. Was für viele Menschen in der Schweiz zur Festtagsromantik dazugehört, ist für Dominik Wandfluh ein erklärtes Ziel. Seit vier Jahren leitet er das sechsköpfige Beschneiungsteam der Titlis Bergbahnen, ist Herr über rund 250 Schneekanonen und Schneilanzen im ganzen Skigebiet. Sobald es die Witterungsverhältnisse ab Ende September ermöglichen, legen sie los, beschneien zuerst den Gletscher und die Pisten im Gebiet Stand, danach den Jochpass und die Engstlenalp, und zuletzt das Gebiet um Trübsee inklusive der langen Talabfahrt bis hinunter nach Engelberg. «Unser Ziel ist es, dass die Talabfahrt spätestens auf Weihnachten hin geöffnet werden kann», sagt Wandfluh. «Schliesslich will kaum jemand am Ende eines Skitags mit der Gondel wieder ins Tal.»
Die Aufgabe klingt leichter als sie ist. Wandfluh und sein Team hoffen auf möglichst viel Naturschnee und auf tiefe Temperaturen schon ab September, um überhaupt beschneien zu können. «Um die Maschinen laufen zu lassen, brauchen wir die richtige Feuchtkugeltemperatur», erklärt Wandfluh. «Das heisst: die richtige Kombination aus tiefer Lufttemperatur und geringer Luftfeuchtigkeit. Erfahrungsgemäss ist das im Zeitraum von Oktober bis Dezember an etwa 50 Tagen der Fall, wobei die Zeitfenster unterschiedlich gross sind. Oft können wir nur in der Nacht beschneien.» Mit dem Klimawandel habe sich die Zahl der Tage, an denen im Spätherbst und Frühwinter beschneit werden kann, aber auf rund 30 reduziert. «Das macht unsere Aufgabe natürlich noch anspruchsvoller», so Wandfluh.
Zuerst kümmert sich das Team um die Unterlage. Die Kanonen und Lanzen können so eingestellt werden, dass sie unterschiedlich feuchten Schnee produzieren. «Zuerst machen wir eine nasse, harte Schicht, um den Boden zu isolieren», erklärt Wandfluh. «Auf diese Sohle bauen wir dann die eigentliche Piste auf.» Je nach Ort und Topografie sind unterschiedlich dicke Unterlagen nötig. «Auf dem Gelände der Piste 2 zwischen Stand und Trübsee beispielsweise gibt es viele Steine, dort brauchen wir eine Höhe von mehr als einem Meter, bevor wir überhaupt mit den Pistenfahrzeugen arbeiten können», so Wandfluh. «Auf der Talabfahrt reicht eine Unterlage von etwas mehr als einem halben Meter, weil die Piste über Wiesen führt.»
Ab Neujahr wird nur noch beschneit, wenn es die Witterung erfordert, wenn also sehr wenig Schnee fällt oder hohe Tagestemperaturen den vorhandenen Schnee zum Schmelzen bringen. «Grundsätzlich versuchen wir natürlich so wenig wie möglich technisch zu beschneien», sagt Wandfluh. «Wir wollen ja nicht unnötig Energie verbrauchen.» Bei voller Leistung fliessen bis zu 330 Liter Wasser pro Sekunde durch die Anlagen am Berg. Mit der Schneeschmelze im Frühling wird dieses Wasser in einem natürlichen Kreislauf an die Natur zurückgegeben. Chemie kommt bei der Beschneiung am Titlis nicht zum Einsatz.
Die Mitarbeitenden des Beschneiungsteams, die täglich auf den Pisten unterwegs sind, wo sie Anlagen vom Eis befreien oder an einen anderen Standort versetzen, können jede der 250 Maschinen per App ansteuern und bei Bedarf die Leistung erhöhen oder drosseln. Dank einer definierten Priorisierung der Gebiete weiss das System auch, wo es die Leistung reduzieren kann, um anderswo mehr zu leisten. Bei Gegenwind schalten die Maschinen von selbst aus, um sich nicht selbst einzuschneien. «Früher waren zwei von uns ständig am Computer, um die Anlagen zu überwachen», sagt Wandfluh. «Heute haben wir ein intelligentes System und das Kontrollzentrum in der Hosentasche. Das erleichtert unseren Alltag sehr.»
Auf die Frage, ob die Arbeit anstrengend sei, reagiert Wandfluh mit einem Lachen. «Zu Beginn des Winters ist es sehr anstrengend, ja. Aber im Mai sind wir so fit wie nie zuvor!»